Leserbrief von Herrn Wolfgang Lau aus Hamburg im Juni 2007

Im Juni 2007 erhielten wir eine Leserzuschrift von Herrn Lau aus Hamburg zu Thema: Besuch in Reddelich und Umgebung anläßlich des „G 8 – Gipfels in „Schein-Heiligendamm“ im Juni 2007

Mein Name ist Wolfgang Lau, ich bin 73 Jahre alt und wohne in Hamburg. Da ich bereits seit meinem 17. Lebensjahr bemüht bin, mich global für Frieden, Demokratie, Schutz der Umwelt sowie soziale Gerechtigkeit einzusetzen, wollte ich gemäß meiner Einstellung auch bei den Anti-G8-Aktivitäten dabei sein. Und das, um gemeinsam mit Gleichgesinnten den G8-Repräsentanten das Recht abzusprechen, als Vertreter von 13% der Weltbevölkerung Verabredungen für die gesamte Menschheit zu treffen. Zumal diese Verabredungen nicht weltweit die Kriegsgefahr vermindern, den Hunger von 3/4 der Menschheit beseitigen sowie die Klimakatastrophe verhindern.

Somit fuhr ich am 2. Juni d.J. mit dem Zug nach Rostock und nahm an der Demonstration der 80.000 Menschen teil, die in internationaler sowie bunter Zusammensetzung friedlich in Richtung Stadthafen marschierten. Die vielen Fahnen und Transparente mit ideenreichen Sprüchen ! – Ein sehr beeindruckendes Bild !!! – Umso schockierender die Straßenschlacht des sogenannten Schwarzen Blocks mit der Polizei kurz vor dem Demo-Ziel !

Nach der immensen Kriminalisierung der G8-Gegner durch einige Politiker sowie Medien im Vorfeld des G8-Treffens, stellte sich für mich sofort die Frage‘, wer wohl hier das Hauptinteresse an dieser Gewaltaktion hat. Durch Zeugenaussagen wissen wir inzwischen, daß durch das Nichteinhalten der zugesagten Deeskalations-Strategie der Polizei sowie durch das Hineinschleusen von vermummten „Zivil-Polizisten“ in die Anti-G8-Aktionen die Gewalt angeheizt wurde. Überdeutlich in Rostock !

Ich jedenfalls fuhr traurig am Abend nach Hamburg zurück und überlegte, ob ich noch einmal – wie ursprünglich geplant durchstarten sollte. Doch ich wollte mich von der Polizei-Methode, die ich in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Demonstrationen immer wieder beobachten konnte, nicht kleinkriegen lassen.

Am Dienstag, d. 5-6. d.J., kam ich mit meiner „Ente“ (Fahrmaschine) nach 2 1/2 stündiger Fahrt gegen l8 Uhr wohlbehalten in Reddelich an. Ein Freund von mir aus Gera/Thüringen hatte für mich ein Privatquartier auf Solidaritätsebene besorgt.

Und so landete ich bei Anna-Babara Timm, wurde mit einer. Friedensfahne am Eingang ihres Hauses empfangen, bezog ein schönes Zimmer, erhielt einen Haustürschlüssel, konnte mich im Haus frei bewegen und wurde am nächsten Morgen gefragt, ob ich Tee oder Kaffee zum Frühstück möchte ?

Diese Solidarität sowie dieses Vertrauen einem wildfremden Demonstranten gegenüber hat mich tief beeindruckt. Denn wir hatten uns vorher doch noch nie gesehen ! Ich lernte auch einen Teil ihrer Familie sowie ihres Freundeskreises kennen, mit dem ich ebenfalls in einen guten Kontakt kam. An dieser Stelle herzliche Grüße und nochmals vielen Dank für die tolle Unterstützung. – Im Dorf traf ich freundliche Menschen, die ich zum Teil im „Camp-Reddelich“ wiedersah.

Hier hielten sich ca. 6000 überwiegend junge Menschen auf, diskutierten in den verschiedensten Sprachen, hörten Musik und ließen sich die vielen Köstlichkeiten schmecken, die von den 3 „Volxküchen“ zubereitet wurden. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist immer wieder faszinierend. Alles per Du – egal wie alt und von woher, einig im Ziel, eine bessere Welt zu installieren nach dem Motto: „Eine bessere Welt ist möglich“!
Das gibt Stimmung, die dann noch vielleicht durch ein kühles Rostocker gesteigert wurde.

Ich blieb bis Sonntag, d. 10.6.d.J., nahm an den verschiedensten Aktionen teil und fuhr überglücklich nach Hause, da die Anti G8-Großaktion dann doch so friedlich und erfolgreich verlaufen ist.

Machen wir weiter so und bündeln-uns noch internationaler und zahlreicher. So läßt sich u.a. der Prozeß stoppen, daß Reich immer reicher und Arm immer ärmer wird.

Zum Schluß noch eine Bemerkung: Ich bin stolz auf die vielen Jugendlichen, die in der menschlich-politischen Bewegung nachgewachsen sind und sich so mutig – wie z.B. bei den zahlreichen Blockaden – engagiert haben.

Hamburg, den 17. Juni 2007,
Wolfgang Lau

Beitrag veröffentlicht am

, in

von